"Schwere wirtschaftliche Schäden"
Debatte um Mindestlohn: Gesamtmetall warnt vor 15 Euro - DIW wirbt dafür
- Veröffentlicht: 24.04.2025
- 03:14 Uhr
- Franziska Hursach
Ein höherer Mindestlohn ist politisch und wirtschaftlich umstritten. Arbeitgeber:innen und Expert:innen kommen zu ganz unterschiedlichen Ansichten.
Das Wichtigste in Kürze
Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall warnt vor wirtschaftlichen Schäden durch einen höheren Mindestlohn.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) jedoch betont die positiven gesamtwirtschaftlichen Folgen.
Zuletzt hatte SPD-Generalsekretär Matthias Miersch einen gesetzlich verordneten 15-Euro-Mindestlohn ins Gespräch gebracht, sollte die unabhängige Mindestlohnkommission keine entsprechende Entscheidung treffen.
Die Diskussion um eine mögliche Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro pro Stunde sorgt für Spannungen zwischen Arbeitgeberverbänden und Wirtschaftsforscher:innen. Während Vertreter:innen der Arbeitgeberseite vor massiven Folgen für die Wirtschaft warnen, betonen Ökonom:innen mögliche positive Effekte auf Wachstum und Produktivität.
Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall sieht eine politisch festgelegte Erhöhung des Mindestlohns kritisch. "Eine politisch erzwungene Anhebung auf 15 Euro würde einen Anstieg in nur zehn Jahren von über 76 Prozent bedeuten. Damit können die Tariflöhne nicht Schritt halten", sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Oliver Zander, der "BILD"-Zeitung.
Steigende Preise bei Friseuren, Bäckern oder Gastronomie?
Seit der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns sei dieser bereits um mehr als 50 Prozent - von 8,50 Euro auf 12,82 Euro - gestiegen. Im selben Zeitraum hätten sich die Tariflöhne jedoch lediglich um 29 Prozent erhöht.
Zander befürchtet durch einen Mindestlohn von 15 Euro "in der längsten Wirtschaftskrise seit Gründung der Bundesrepublik schwere wirtschaftliche Schäden". Er warnt vor deutlich steigenden Preisen bei Dienstleistungen wie Friseuren, Bäckern oder in der Gastronomie. Zudem seien vermehrte Geschäftsaufgaben, insbesondere in Ostdeutschland, sowie ein Rückgang regulärer Stellen und mehr Schwarzarbeit zu erwarten.
DIW-Chef sieht positiven Gesamteffekt
Ganz anders bewertet das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) die mögliche Anhebung.
Ein Mindestlohn von 15 Euro dürfte sich gesamtwirtschaftlich positiv für die deutsche Wirtschaft auswirken.
DIW-Präsident Marcel Fratzscher gegenüber der "Rheinischen Post"
Fratzscher führt aus, dass ein höherer Mindestlohn zu mehr Konsum und somit zu einem stärkeren Wirtschaftswachstum führe. Zudem habe die Erfahrung gezeigt, dass durch eine Erhöhung des Mindestlohns die Beschäftigung sich in Richtung jener Unternehmen verschiebe, die solche Löhne zahlen können. Dies sei zwar nachteilig für weniger wettbewerbsfähige Unternehmen, steigere aber insgesamt "die Effizienz und die Produktivität" der Wirtschaft.
SPD-Generalsekretär Matthias Miersch hält einen Mindestlohn von 15 Euro "notfalls auch per Gesetz" für möglich, sollte die unabhängige Mindestlohnkommission keine entsprechende Entscheidung treffen. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann lehnt hingegen einen "politischen Mindestlohn" ab. Auch Thorsten Frei (CDU) pocht auf die im Koalitionsvertrag vereinbarte Regelung, wonach die Kommission - bestehend aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter:innen - unabhängig arbeitet und sich an Tarifentwicklungen sowie 60 Prozent des Bruttomedianlohns orientiert. Ein Mindestlohn von 15 Euro gilt bis 2026 als erreichbar.
Der nächste Beschluss der Kommission wird bis Ende Juni 2025 erwartet. NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann forderte faire Empfehlungen, die Inflation und Lebensrealität stärker berücksichtigen. 2023 hatte es erstmals keine Einigung gegeben - Arbeitnehmervertreter:innen hielten die damalige Erhöhung für zu niedrig.
- Verwendete Quelle:
- Nachrichtenagentur dpa